In einem strategischen Schritt zur Bewältigung der anhaltenden Turbulenzen hat Boeing Kelly Ortberg zum neuen CEO ernannt, der sein Amt am 8. August 2024 antreten wird. Diese Ernennung erfolgt als Reaktion auf eine Reihe von Qualitäts- und Produktionskrisen, die den Luft- und Raumfahrtgiganten in den letzten Jahren geplagt haben.
Führungswechsel
Ortberg folgt auf Dave Calhoun, der seit Januar 2020 an der Spitze steht. Calhoun, der ursprünglich geplant hatte, Ende 2024 zurückzutreten, wird nun früher ausscheiden und bis März 2025 als Sonderberater des Vorstands tätig sein. Die Entscheidung, Ortberg aus dem Ruhestand zurückzuholen, unterstreicht die Dringlichkeit, mit der Boeings Vorstand die aktuellen Herausforderungen angeht.
We’re pleased to announce Kelly Ortberg as Boeing’s new President and Chief Executive Officer.
— The Boeing Company (@Boeing) July 31, 2024
Details here: https://t.co/qLYPKYHmLx pic.twitter.com/WnP33PTftK
Hintergrund und Erfahrung
Kelly Ortberg, 64, bringt über 35 Jahre Erfahrung in der Luft- und Raumfahrtindustrie mit. Er begann seine Karriere 1983 als Ingenieur bei Texas Instruments und kam 1987 als Programmmanager zu Rockwell Collins, wo er bis zum CEO aufstieg. Ortberg führte Rockwell Collins erfolgreich durch die Integration in United Technologies, das schließlich mit Raytheon zu RTX fusionierte. Er zog sich 2021 von RTX zurück, blieb aber in der Branche aktiv und bekleidete Vorstandspositionen bei Aptiv PLC und der Aerospace Industries Association.
Bewältigung von Boeings Krisen
Ortbergs Ernennung erfolgt zu einem kritischen Zeitpunkt für Boeing. Das Unternehmen hat erhebliche Rückschläge erlitten, darunter einen Nettoverlust von 1,44 Milliarden US-Dollar im zweiten Quartal 2024 und einen Umsatzrückgang von 15 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Produktionsprobleme standen im Mittelpunkt, insbesondere der Vorfall bei Alaska Airlines Anfang des Jahres, bei dem sich ein Panel einer Boeing 737 MAX 9 während des Fluges löste und die Sicherheitsbedenken verschärfte.
Die 737 MAX-Jets des Unternehmens standen seit zwei tödlichen Abstürzen in den Jahren 2018 und 2019 unter intensiver Beobachtung. Diese Vorfälle, zusammen mit den jüngsten Qualitätskontrollfehlern, haben Boeings Ruf und finanzielle Stabilität stark beschädigt. Ortbergs Aufgabe wird es sein, das Vertrauen wiederherzustellen, die Produktionsqualität zu verbessern und Boeings Finanzen zu stabilisieren. Ein bedeutender Aspekt dieser Herausforderung ist Boeings Eingeständnis der Schuld an den 737 MAX-Abstürzen.
Strategische Schwerpunkte und Herausforderungen
Zu Ortbergs unmittelbaren Aufgaben gehört die Steigerung der Produktionsraten für die 737 MAX, um die boomende Marktnachfrage zu befriedigen. Boeing produziert derzeit etwa 25 MAX-Jets pro Monat, plant jedoch, diese Zahl bis zum Jahresende auf 38 zu erhöhen. Diese Produktionssteigerung ist entscheidend, um Lieferverzögerungen zu beseitigen, die die Beziehungen zu wichtigen Kunden wie Southwest Airlines belastet haben, die ihre erwarteten Flugzeuglieferungen in diesem Jahr erheblich reduziert haben.
Ortberg steht auch vor der Herausforderung, einen neuen Tarifvertrag mit den 30.000 Boeing-Mitarbeitern in Seattle auszuhandeln, um mögliche Streiks zu vermeiden. Die Verbesserung der Lieferkette des Unternehmens und die Bewältigung finanzieller Herausforderungen, einschließlich einer möglichen Herabstufung von Boeings Kreditwürdigkeit, stehen ebenfalls ganz oben auf der Agenda.
Reaktionen und Erwartungen der Branche
Die Branche hat vorsichtig optimistisch auf Ortbergs Ernennung reagiert. Analysten schätzen seine umfangreiche Erfahrung und seine externe Perspektive, die entscheidend sein könnten, um Boeings tief verwurzelte Probleme anzugehen. Der ehemalige CEO von United Airlines, Oscar Munoz, betonte die Bedeutung von Ortbergs Fähigkeit, starke, vertrauensbasierte Beziehungen zu Mitarbeitern und wichtigen Kunden aufzubauen.
Boeings Vorsitzender Steven Mollenkopf äußerte sich zuversichtlich über Ortbergs Fähigkeiten und hob seine Erfolgsbilanz bei der Leitung komplexer Luft- und Raumfahrtprojekte und beim Aufbau starker Teams hervor. Mollenkopf betonte, dass Ortbergs Führung entscheidend sein werde, um Boeing durch diese transformative Phase zu führen.
Langfristige Aussichten
Während Ortbergs Amtszeit voraussichtlich Stabilität bringen wird, dürfte der Weg zur vollständigen Erholung lang und mühsam sein. Analysten wie Bill George, ehemaliger CEO von Medtronic, vermuten, dass die Wiederherstellung von Boeings altem Glanz bis zu einem Jahrzehnt dauern könnte. Ortbergs Alter und Erfahrung positionieren ihn als stabilisierende Kraft, doch das Unternehmen muss auch für die zukünftige Führung planen, um die von ihm begonnene Arbeit fortzusetzen.
Zusammenfassend markiert die Ernennung von Kelly Ortberg zum neuen CEO von Boeing einen bedeutenden Schritt in den Bemühungen des Unternehmens, sich von seiner langanhaltenden Krise zu erholen. Seine umfangreiche Branchenerfahrung und sein Engagement für Qualität und Sicherheit werden als entscheidende Faktoren angesehen, um die bevorstehenden Herausforderungen zu meistern.