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Boeing bekennt Schuld an 737 MAX-Abstürzen: Rechtliche und finanzielle Folgen

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Boeing räumt Schuld an Abstürzen der 737 MAX ein

Boeing sieht sich rechtlichen und finanziellen Folgen nach 737 MAX-Abstürzen gegenüber

Der amerikanische Luft- und Raumfahrtgigant Boeing hat offiziell seine Schuld in einem Fall von betrügerischen Praktiken im Zusammenhang mit der Zertifizierung seiner 737 MAX-Flugzeuge eingestanden, die in zwei tödliche Abstürze in den Jahren 2018 und 2019 verwickelt waren. Diese Abstürze, die innerhalb von fünf Monaten stattfanden, führten zum tragischen Tod von 346 Menschen und haben seitdem zu intensiver Überprüfung und rechtlichen Schritten gegen das Unternehmen geführt.

Hintergrund der Abstürze

Der erste Absturz ereignete sich im Oktober 2018, als ein Lion Air-Flug kurz nach dem Start in die Javasee stürzte. Es folgte ein zweiter Absturz im März 2019, bei dem ein Flugzeug der Ethiopian Airlines Minuten nach dem Abflug von Addis Abeba abstürzte. Beide Vorfälle wurden auf Fehlfunktionen im Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) zurückgeführt, einer Software, die verhindern sollte, dass das Flugzeug in einen Strömungsabriss gerät, indem sie die Flugzeugnase nach unten richtet. Leider führten fehlerhafte Sensordaten dazu, dass MCAS zu unangemessenen Zeiten aktiviert wurde und unkontrollierbare Sturzflüge verursachte.
Absturz einer Boeing 737 MAX

Rechtliche Eingeständnisse und finanzielle Vergleiche

In einem Dokument, das dem Bundesgericht in Texas vorgelegt wurde, räumte Boeing ein, die US-Regierung in Bezug auf die Sicherheit der 737 MAX betrogen zu haben. Dieses Eingeständnis ist Teil eines Abkommens mit dem US-Justizministerium, das darauf abzielt, einen langwierigen öffentlichen Prozess zu vermeiden. Im Rahmen dieser Vereinbarung wird Boeing eine Geldstrafe von 243,6 Millionen Dollar zahlen und zusätzlich 455 Millionen Dollar in die Einhaltung von Vorschriften und Sicherheitsverbesserungen in den nächsten drei Jahren investieren. Diese Zeit wird auch von einem unabhängigen Prüfer überwacht, um sicherzustellen, dass Boeing seine Verpflichtungen einhält.

Ein Auslöser dafür war das Beinahe-Unglück im Januar, bei dem ein Rumpf-Fragment einer so gut wie neuen Boeing-Maschine 737 Max-9 im Steigflug herausbrach. Bei dem Zwischenfall wurde zwar niemand verletzt. Doch dazu trug auch bei, dass die Plätze neben dem Loch im Rumpf durch einen glücklichen Zufall nicht besetzt waren. Weitere Informationen dazu finden Sie im Dokument des US-Justizministeriums.

Reaktionen von Familien und Rechtsexperten

Trotz des Schuldeingeständnisses von Boeing und der finanziellen Strafen wurde der Vergleich von den Familien der Opfer scharf kritisiert. Viele argumentieren, dass die Vereinbarung nicht ausreicht, um wahre Gerechtigkeit und Verantwortung für den Verlust von Menschenleben zu gewährleisten. Erin Applebaum, eine Anwältin, die einige der Familien vertritt, bezeichnete die Vereinbarung als einen „Klaps auf die Finger“ und kündigte an, den zuständigen Richter Reed O’Connor zu drängen, den Vergleich abzulehnen.

Die Familienangehörigen hatten ursprünglich viel härtere Strafen gefordert, darunter eine Geldstrafe von 25 Milliarden Dollar und schwerere strafrechtliche Anklagen gegen Boeing und seine Führungskräfte. Sie äußerten ihre Unzufriedenheit mit dem aktuellen Vergleich und fühlten, dass Boeing damit der vollen Verantwortung für die katastrophalen Ereignisse entkommt.

Unternehmerische und finanzielle Auswirkungen

Das Schuldeingeständnis von Boeing könnte über die unmittelbaren rechtlichen Strafen hinaus erhebliche Auswirkungen haben. Mit dieser strafrechtlichen Verurteilung riskiert Boeing, von lukrativen Regierungsaufträgen, einschließlich solcher mit dem Verteidigungsministerium und der NASA, suspendiert oder ausgeschlossen zu werden. Allein im letzten Jahr sicherte sich Boeing Aufträge im Wert von 22,8 Milliarden Dollar vom Verteidigungsministerium, was die potenziellen finanziellen Auswirkungen einer Suspendierung verdeutlicht.

Darüber hinaus steht der Ruf des Unternehmens, der bereits durch die Abstürze und die anschließenden Untersuchungen stark beschädigt wurde, weiter auf dem Spiel. Boeing hat sich verpflichtet, sich mit den Familien der Opfer zu treffen, um Rechenschaft abzulegen und Versöhnung zu fördern, obwohl noch abzuwarten bleibt, wie wirksam diese Bemühungen sein werden.

Zukünftige Überwachung und Compliance-Maßnahmen

Im Rahmen des Vergleichs ist Boeing verpflichtet, seine Compliance- und Sicherheitsprogramme erheblich zu überarbeiten. Dazu gehören jährliche Fortschrittsberichte des unabhängigen Prüfers und das Engagement, die systemischen Probleme zu beheben, die zu den Abstürzen geführt haben. Boeing-CEO Dave Calhoun hat sich öffentlich bei den Familien der Opfer entschuldigt und versichert, dass das Unternehmen Maßnahmen ergreift, um aus diesen Tragödien zu lernen.

Allerdings verdeutlichen Boeings frühere Compliance-Fehler, einschließlich des jüngsten Vorfalls, bei dem ein Teil der Kabinenwand einer 737 MAX 9 kurz nach dem Start abfiel, die anhaltenden Herausforderungen, denen sich das Unternehmen bei der Wiederherstellung seines Rufs und der Gewährleistung der Sicherheit seiner Flugzeuge gegenübersieht.